(Vorsicht, Satire) Hier kommen aktuelle, kostenlose Ressourcen für’s Italienisch lernen. Warum für Mutige? Es handelt sich nicht um didaktisches Material für Lernende, sondern um Texte, Bücher, Videos und Songs. Es erfordert ein wenig Mut, in eine vielleicht unverständliche Welt hineinzuspringen. Die Belohnung? Neue Lieblingssongs, Autoren, Orte! Das Gute daran? Italienisch lernt ihr ganz nebenbei. Dazu gebe ich Tipps, wie sich die Ressourcen nutzen lassen.
Unabhängig & umfassend – Enzyklopädie & Wörterbuch Treccani
Gegründet 1925 als Verlag und Herausgeber der Universalenzyklopädie ist Treccani bis heute eine unabhängige Kulturinstitution. Unter den Präsidenten waren Persönlichkeiten wie Verleger Luigi Einaudi und Nobelpreisträgerin Rita Levi-Montalcini. Auf dem Portal www.treccani.it finden sich Artikel zur italienischen Sprache, aktuelle Neologismen (neue Wortkreationen), Fragen zu Zweifelsfällen in Grammatik oder Wortschatz, Trends und Neuigkeiten. Ein bisschen so wie Die Bunte und Gala, wenn Italienisch eine Prominente wäre: unterhaltsam und mit Details, die man garantiert nicht mehr vergisst.
Das Treccani-Wörterbuch „Vocabolario“ nutze ich regelmäßig, wie den Duden oder Wikipedia, wenn ich die genaue Bedeutung eines Wortes klären möchte. Wer sich keiner Smartphone-Diät unterworfen hat, findet die Angebote von Treccani auch als App.
Mein Tipp: Für alle, die sich doch lieber Sprachunterricht wünschen, von Treccani gibt es einen Sprachkurs Italienisch als Fremdsprache. Die Registrierung ist kostenlos. Der Kurs besteht aus Videos, Übungen, Grammatik und Landeskunde.
#FerranteFever
Alle vier Teile von Elena Ferrantes neapolitanischer Freundinnensaga „Meine geniale Freundin“ sind ins Deutsche übersetzt. Ab 27. November 2018 läuft auf RAI Uno die gemeinsam mit HBO umgesetzte Verfilmung (Trailer und Streaming erfordern Adobe Flash Player). Filme ohne Untertitel sind eine echte Geduldsprobe. Hier hilft eigentlich nur das Mantra „Mut zur Lücke“. Doch da die Figuren in “L’amica geniale” in neapolitanischem Dialekt sprechen, hat der Film italienische Untertitel! Das hilft beim Verstehen.
Mit Instagram auf Italienisch unterwegs
Instagram ist wohl mein Social Media-Liebling. Wer gut filtert (damit meine ich nicht ‚Filter verwenden’), lernt tolle Menschen und Orte kennen. Darunter sind oft gute Texte. Warum nicht statt mit einer Sprachlern-App Vokabeln zu pauken, an den Lieblingsort in Italien träumen und nebenbei Italienisch lernen? Che ne dite? Tipp: Hashtags – jede Region und viele Städte haben eigene Hashtags z. B. #weareinpuglia ‚ #inlombardia.
Nach Apulien entführt @enza_di, in die Marken @ilcavallopazzo. Italienisch lernt ihr mit @lucreziaoddone aus Rom. Folgt @mattiamarasco nach Florenz und @ciropipoli nach Neapel. Ungewöhnliche Blicke auf Mailand hat @luigisutera12. In die nördlichsten Spitze Italiens bringt @ossola_in_cammino, nach Kalabrien im Süden @nonveniteincalabria. @mastroste findet die eindrücklichsten Bilder. Gern auch lange Texte schreibt @killbilla. Selbstironisch blickt @ganasssa auf Italien und anderswo. Die vielleicht schönsten Fotos macht @giuliotolli. Und mit @filicudi.wildlife.conservation träume ich mich nach Filicudi.
Rap, Rock, Pop – Texte italienischer Songs
Ob Fedez Hymne an seinen Sohn, alle Songs des neuen Albums von Rockpoet Måneskin oder das neue Album vom sardischen Rapper Salmo. Auf MTV Italias Testi Canzoni findet ihr Songtexte ohne Ende: alle Texte eines Künstlers, aktuelle und vergangene Alben. Gleich daneben die Videos dazu. Groovt euch rein. Video ansehen und Atmosphäre aufnehmen, Text mitlesen und (teilweise) verstehen. Wiederholen. Vielleicht einmal ein Wort nachschlagen. Wenn Text und Song für gut befunden, auswendig lernen 😀
Ein Jahrhundert Musik: Canzone italiana
Ein Jahrhundert italienischer Musik – ein Komplettbild im gut geordneten Überblick ermöglicht Canzone italiana. Unter dem Menüpunkt ‘Canzone Italiana 1900-1950’ finden sich Arien und Romanzen, Tanzmusik, Schlager und Chansons, neapolitanische Lieder, Folklore, politische Lieder und patriotische Hymnen. Unter Menüpunkt ‘Canzone Italiana 1950-2000’ gibt es Tänze, alle Lieder des San Remo Festivals, Filmusik, neapolitanische Lieder, Liedermacher, andere Festivals, Rock, Pop, Folklore und Kinderlieder. Hier scheint wirklich jedes Stück italienische Musik des 20. Jahrhunderts dokumentiert zu sein! Dazu kommen die Volkslieder aus den zwanzig italienischen Regionen.
Kleiner Nachteil: Voraussetzung zum Streamen der Playlists ist Spotify (kostenlos).
Leider fehlen die Liedtexte. Daher einfach Liedtitel mit dem italienischen Wort für Text „testo“ in die Suchmaschine eingeben. Oder direkt auf darauf spezialisierte Webseiten wie www.angolotesti.it und testicanzoni.mtv.it suchen. Dann ausdrucken, lesen, übersetzen, mitsingen.
[vulg.] Youtube zum italienisch Schimpfen
Schimpfwörter sind die Schmuddelkinder im Sprachunterricht. Sie werden ignoriert und als ‚vulgär’ klassifiziert. Ihre Daseinsberechtigung haben sie trotzdem. Sie helfen uns Dampf abzulassen. Dabei kommt mit dem Phänomen des Euphemismus (ein harmloses Wort ersetzt das hässliche Schimpfwort) eine große Portion Fantasie ins Spiel.
Wer den Italienern aufmerksam zuhört, eignet sich schnell einen Schimpfgrundwortschatz an (und behält ihn für sich, denn es geht vor allem ums Verstehen). Wer das Anfängerniveau verlassen möchte, findet in den Tiefen der Youtube-Kommentare reiches Material. Die Telefonmitschnitte aus den Rubygate-Prozessen liefern den Italienern reichen Anlass zum Fluchen (Beispiele hier und hier). Wir erinnern uns: Ruby ist die jugendliche Schönheit mit marokkanischen Wurzeln, die Silvio Berlusconi in seiner Villa in Arcore bei Mailand Gesellschaft leistete. Stichwort Bunga-Bunga: Paolo Sorrentino hat in seinem Film „Loro – Die Verführten“ diese Zeit gerade in intensive Bilder gekleidet.
Michela Murgia – Fascistometro für alle
Wer die Nachrichten nicht ignoriert hat es schon gemerkt. Er ist wieder da. Er ist wieder in Mode. Faschismus. Klingt hart? Oder übertrieben? Dann vielleicht die italienische Version? Fascismo.
Ein oft gehörtes Zitat aus dem Repertoire meines Schwiegervaters bei der Enkelbetreuung: „Stupido é che lo stupido fa“ (ich glaube aus Forrest Gump) steht passenderweise im Untertitel: Fascista è che il fascita fa. Deutschland hat Wahl-o-mat. Italien hat „Istruzioni per diventare fascisti.”*
Nach einigen, die Augen öffnenden Kapiteln zum Thema, listet Murgia 65 Aussagen, denen man zustimmen oder die man ablehnen kann. Von „Il suffragio universale è sopravalutato“ (Das universale Wahlrecht ist überbewertet.) über „I giornalisti sono tutti servi del potere“ (Journalisten sind doch sowieso alle Diener der Mächtigen.) bis hin zu „Se ti piacono tanto, portateli a casa tua“ (Wenn du die so magst, nimm sie doch mit zu dir nach Hause.). Hier lernen die ganz Mutigen nicht nur italienisch, sondern auch, wie groß die eigenen faschistischen Tendenzen sind. Für Fortgeschrittene.