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Lernen im Tandem – Kostenlos und selbstbestimmt

Seit längerem schon frage ich mich, wie ich besser italienisch sprechen lernen kann. Zurzeit besuche ich keinen Kurs, es gibt einfach keinen passenden in meiner Nähe. Einen guten Lehrer suche ich immer noch. (Was ein guter Lehrer ist, habe ich schon beschrieben.) So habe ich ein wenig das Gefühl mich einzurichten, statt mich weiterzuentwickeln: Ich vermeide schwierige Themen und Zeitformen. Ohne einen Kurs fehlt mir die aktive Entwicklung der Sprache. Gibt es eine Lösung, wie ich ohne passenden Kurs oder Lehrer und ohne zu Hause allein zu lernen, mit der Sprache vorankommen kann? Ja! Sie heißt Tandemlernen!

Was ist Tandemlernen?

Für ein Sprachlerntandem treffen sich zwei Menschen, die gerade ihre jeweilige Muttersprache lernen, regelmäßig zum Beispiel einmal in der Woche, um miteinander zu sprechen. Idealerweise dauert ein Treffen anderthalb bis zwei Stunden, wovon je eine Hälfte für jede Sprache verwendet wird. Das Lernen im Tandem ist kein Unterricht, denn die Tandempartner bestimmen selbst, worüber sie sprechen und wie sie einander korrigieren. Beide Tandempartner sind Lerner, es handelt sich bei einem Tandemtreffen keinesfalls um zwei Privatstunden. Am besten funktioniert das Tandem, wenn sich die Tandempartner unterstützen und auf jedes Treffen vorbereiten.

Lernen im Tandem – Vorbereitung ist wichtig

Da es keinen Lehrer gibt, der Unterricht vorbereitet, ist ein Treffen im Tandem nur so gut, wie jeder Lerner es für sich vorbereitet. Der Vorteil: ich entscheide selbst, worüber ich sprechen möchte! Eine Vorbereitung des Tandemtreffens kann heißen:

  • Sich ein Gesprächsthema überlegen und dazu Wörter und Redewendungen sammeln
  • Bild- oder Filmmaterial wie eine Karte, Fotos, Bilder, einen Text oder eine Filmsequenz auswählen und mitnehmen, um darüber zu sprechen
  • Einen Text lesen, dessen Inhalt während des Treffens zusammenfassen und darüber sprechen
  • Einen Text schreiben und diesen während des Treffens besprechen

So wird das Lernen im Tandem zum Erfolg

Neben der Vorbereitung helfen diese Regeln, das Tandem zum Erfolg zu machen:

  • Beide Sprachen sind gleichberechtigt. Entweder werden während eines Treffens beide Sprachen gesprochen (sinnvoll sind mindestens 45 Minuten für eine Sprache, also 90 Minuten pro Treffen).
  • Regelmäßige Treffen, am besten einmal pro Woche, sind die Voraussetzung für Erfolg. Wenn ihr pro Treffen nur eine Sprache sprecht, sind zwei Treffen pro Woche besser. Wer pünktlich ist und sich an die Termine hält zeigt Respekt für die Zeit des anderen.
  • Respekt sollten auch dem Tandempartner, der Tandempartnerin und ihren Meinungen und Wertvorstellungen entgegengebracht werden. Im Tandem möchte ich etwas über das Land und die Sprache des anderen erfahren und dies auch selbst mitteilen.

Die gegenseitige Unterstützung beim Lernen ist das Ziel des Tandems. Was ich vom Tandempartner erwarte, muss ich auch selbst tun.

Organisation des Tandems

Als Ort des ersten Treffens eignet sich ein neutraler, öffentlicher Ort am besten. Dort sollte es möglich sein zu sprechen, ohne andere zu stören, deshalb könnte die Bibliothek schwierig werden. Vor dem ersten Treffen sollten sich beide Partner überlegen, was sie während der Treffen machen wollen, mit welchem Material sie arbeiten möchten und welche Schwerpunkte sie setzen. Diese Lernwünsche sollten auf dem ersten Treffen besprochen werden, damit beide auf die Wünsche des jeweiligen Tandempartners eingehen können. Anfänger müssen sich eventuell in einer anderen, von beiden gesprochenen Sprache unterhalten.

Idealerweise finden beide Tandempartner einen fixen Termin für die Treffen. So muss man nicht jedes Mal neu planen und schafft eine Regelmäßigkeit. Auch über die gewünschte Länge des Tandems sollten sich die Tandempartner verständigen, wie einen Monat oder ein halbes Jahr. Am Ende der vereinbarten Zeitspanne können sie neu entscheiden, ob sie eine Pause machen, aufhören oder weitermachen.

Kurz zur Korrektur

Aus Fehlern lernen kann nur, wer welche macht. Daher. Mut zu Fehlern! Doch wie sollte ich meinen Tandempartner korrigieren? Wichtig ist es, dem Sprachniveau des Tandempartners entsprechend zu korrigieren. Am besten, die Tandempartner tauschen sich darüber aus, was wann korrigiert werden soll. Eine Verständigung über die Art der Korrektur kann auch vor jedem Teilgespräch erfolgen.

Wenn Redewendungen oder Satzmuster eingeübt werden sollen, ist eine punktuelle Korrektur sinnvoll, wenn der Tandempartner das wünscht. Da es nicht einfach ist, sich auf Inhalt und die Fehler im Gesprochenen gleichzeitig zu konzentrieren ist folgendes Vorgehen empfehlenswert:

  1. Zeitdauer für die detaillierte Korrektur festlegen (von 5 Minuten für Anfänger bis zu 20 Minuten für Fortgeschrittene)
  2. Während dieser Zeit werden die Fehler notiert, der Tandempartner aber nicht unterbrochen. Die Fehler werden im Anschluss gemeinsam besprochen und korrigiert.
  3. Ich sollte von meinem Tandempartner nicht erwarten, dass dieser erklären kann, warum etwas falsch ist. Denn er ist ein Gesprächspartner, aber kein Sprachlehrer. Für grammatische Hintergründe empfiehlt sich ein Kursbesuch oder das systematische Lernen mit einem Lehrbuch.

Weitere ausführliche Hinweise zum Lernen im Tandem finden sich auf Seagull, einem Projekt der Universität Greifswald.

Tandem-Partner finden

Idealerweise ähnelt sich das Sprachniveau beider Tandempartner. Dies ist aber nicht zwingend erforderlich. Stark unterschiedliche Niveaus der Partner erfordern etwas mehr Verständnis und Fingerspitzengefühl des in der Zielsprache stärkeren Partners und ein gesundes Selbstbewusstsein des Anfängers. Besteht ein größerer Niveauunterschied innerhalb eines Sprachtandems, sollte dieser und der Umgang damit während des ersten Treffens thematisiert werden.

Gegenseitige Sympathie ist praktisch, schließlich verbringt man regelmäßig eine Menge Zeit mit dem neuen Tandempartner. Gemeinsame Interessen sind schön aber nicht unbedingt notwendig, denn ein gemeinsames Interesse besteht ja bereits: das an Sprache und Kultur des anderen.

Erste Anlaufstelle für die Suche nach einem Tandempartner kann die Universität vor Ort sein. Unter den Studierenden findet sich sicher die gesuchte Sprache und Interessenten der eigenen Sprache. Oft bieten auch private Sprachschulen kostenlos die Vermittlung von Tandempartnern an. Sollte das nicht der Fall sein, kann man eine Annonce aushängen und die Lehrer bitten, in den Kursen darauf hinzuweisen.

Wer mit Skype-Chats oder Video-Chat über andere Plattformen zurechtkommt und keinen Tandempartner vor Ort findet, kann sich über Plattformen wie Tandempartners.org (kostenlos, deutschlandweit), Erste Nachhilfe Sprachpartner (kostenlos, deutschlandweit), CafeLingo (nur Berlin) oder Mixxer (Projekt des Dickinson College in Carlisle, Pennsylvania) auf die Suche machen.

Welche Erfahrungen habt ihr mit Tandemlernen gemacht?

Alle Links für das Tandemlernen

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Kategorien Italienisch lernen

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Stefanie lebt mit italienischer Familie am Lago Maggiore, im Norden des Piemont. Einen Ort entdecken heißt alle Sinne nutzen – sehen, hören, zuhören, berühren, schmecken. Die Sprache sprechen kann Wunder bewirken oder ein Tanz zu lokaler Musik!

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