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Privatunterricht – Sechs Merkmale eines guten Fremdsprachenlehrers

So bitte nicht mehr: Er hält small talk für Konversation und Grammatikübungen für den Schlüssel zu vollkommenen Italienischkenntnissen. Er unterbricht mich im Satz, um meinen Fehler zu korrigieren. Er präsentiert mir alle vier(!) möglichen Zeitformen des Konjunktiv kompakt auf einmal und hintereinander, der Vollständigkeit halber und weil ich mir Übungen zum Konjunktiv gewünscht hatte. Wenn ich zehn Sekunden nachdenken muss, um während einer Einsetzübung einen Satz zu verstehen, weil ich die Hälfte der Wörter noch nicht kenne, sagt er mir sofort freundlich die Lösung vor. Nach zwei Stunden Unterricht auf diese Weise, platzt es aus mir heraus und ich bitte ihn höflich, mir Gelegenheit zu geben, die Lösung selbst zu finden.

Den Lehrer kritisieren oder nicht?

Ich gebe zu, diese Kritik ist mir spontan und unreflektiert entschlüpft. Aber sie war punktgenau geäußert und hätte als direktes Feedback den höchsten Moment des Verständnisses erreichen müssen. Nun bin ich enthemmt und reite mich weiter in meine Kritikorgie hinein.  Die Grammatik hätte ich gern in ein spannendes und passendes Thema eingebettet. So hat mein geplagtes Gehirn eher eine Chance, sich einen nachhaltigen Reim auf die grammatische Erscheinung zu machen und sie gar selbst anzuwenden. Vielleicht ein Text, die unmerkliche Choreografie einer Unterrichtsstunde, ruhig auch vorbereitet, über das reine Kopieren grammatischer Übungen hinaus. Oder gern auch mit Lehrbuch. Wir haben uns danach nicht mehr wieder gesehen.

In der darauf folgenden Woche bin ich allein. Allein mit meinem Lehrbuch, den Possessivpronomen, der indirekten Rede, den Zeiten der Vergangenheit, den zusammengesetzten Zeiten der Vergangenheit und meiner italienischen Zukunft.

Rm IT 28/29: Deutsche Fremdsprachenenthusiastin sucht erfahrenen, kommunikativ agierenden, geduldigen, fantasievollen und fröhlichen Fremdsprachenlehrer für Italienisch. Bitte um Nachricht an: italienischschnellundsofort@mail.it.

Nun suche ich einen Italienischlehrer, besser noch einen Kurs, indem ich Spaß habe, mit anderen Menschen, die wie ich, schnell und motiviert die Sprache lernen wollen, weil sie sie für das Leben brauchen.

Seit mindestens zehn Jahren fragen Dozenten überall nach Evaluationen und Feedback zu ihren Seminaren. Nach jedem Kurs, ob Gruppe oder privat, den ich selbst gegeben habe, habe ich die Bewertungsbögen ausgeteilt, in denen meine Schüler meinen Unterricht bewerteten. Kritik ist nicht persönlich, sondern ein notwendiges Feedback zur Zielerreichung. Denn am Anfang wird ein Ziel definiert, dann wird gearbeitet und am Ende resümiert: Haben wir unser Ziel erreicht? Ja, nein, vielleicht? Warum nicht? Was war gut? Was können wir besser machen? Wer mit Kritik nichts anfangen kann, sollte nicht unterrichten.

Italienisch lernen sofort – Mein Wunschlehrer für die Fremdsprache

Die einfache Wahrheit: Ich habe keine Lust mehr auf schlechten Sprachunterricht. Deshalb stelle ich jetzt und hier eine Liste der Merkmale guter Lehrer zusammen. Guter Unterricht ist immer eine Herausforderung und entsteht aus der Interaktion. Viele Sprachschulen bieten neben Kursen auch Privatstunden an. Mein Tipp: Frage nach einer Probestunde, bevor du ein größeres Paket an Unterrichtsstunden buchst. Die kann ruhig bezahlt sein. Es wird sich lohnen.

Hier ist meine unvollständige Liste – So erkennst du einen guten Fremdsprachenlehrer.

1. Sie oder er ist im Unterrichten der Sprache als Fremdsprache ausgebildet (Frage danach.)

Die Lehrerin oder der Lehrer hat sich mit Didaktik, der Wissenschaft vom Lehren und Lernen von Sprachen, beschäftigt. Dann kennt er die passenden und modernen Methoden des Unterrichts und weiß, wie er dich schnell an dein Ziel in der Fremdsprache bringt. Seit dem 19. Jahrhundert und dem Lateinunterricht mit der Grammatik-Übersetzungsmethode hat sich eine Menge getan!

Muttersprachler einer Sprache zu sein oder Schulkinder in Muttersprache unterrichtet zu haben macht noch keinen Fremdsprachenlehrer aus. Kinder oder Erwachsene zu unterrichten sind zwei verschiedene Dinge, einfach, weil Erwachsene mehr wissen und anders lernen als Kinder.

2. Keine Lust auf Langeweile und Monotonie (Lernorientierung)

In einer Probestunde gewinnst du einen realen Eindruck von der Methodik der Lehrerin oder des Lehrers. Die Themen sollten mit deiner sprachlichen Realität (warum lernst du diese Sprache) zu tun haben. Du solltest nicht unterfordert sein. Das Thema, eingeführt durch einen Artikel, einen Film(ausschnitt), Werbespot, Videoclip, Song oder ähnliches, sollte interessant sein. Der Unterricht sollte dich auf keinen Fall langweilen, denn das Lernen funktioniert am besten, wenn es bedeutsam (keine künstlichen, aus dem Kontext genommenen Übungssätze!) und inhaltsorientiert ist.

Sie oder er macht seine Sache gut, wenn er dir interessante Themen anbietet, die dich zum Sprechen, Schreiben, Diskutieren anregen. Lehrer sind die Mittler, wie Animateure – ihr lauft die Strecke zusammen! Dein Fortschritt in der Sprache ist das Ziel – ohne Belehrung, Leistungsdruck, Zeitdruck oder Langeweile. Dein Tempo ist der Ausgangspunkt und das Training wird auf deine Bedürfnisse abgestimmt.

3. Fehler zu machen gehört dazu (Ganzheitlichkeit)

Wichtig ist besonders, dass die Lehrerin oder der Lehrer eine gewisse Fehlertoleranz zeigt. Fehler gehören zum Lernen einer Sprache dazu. Du willst die Sprache ja anwenden (im Restaurant bestellen, mit neuen Freunden kommunizieren, Filme und Texte verstehen), da kommt es auf die Erfolge im Verstehen und Kommunizieren an, nicht auf eine sterile Fehlerfreiheit.

Schlechtes Zeichen: Du wirst nach jedem Fehler unterbrochen und korrigiert. Besser: nach einer kommunikativen Phase werden Fehler besprochen, aber du erhältst die Chance, deine Fehler selbst zu korrigieren. Das hilft dir am besten, diese in Zukunft zu vermeiden. Nur mit Zeit und Gebrauch der Sprache entwickelst du Sprachgefühl und lernst den fehlerfreien Gebrauch der Fremdsprache. Habe da Geduld mit dir.

Eine Sprache erlernst du nicht nur mit dem Kopf! Deine Gefühle und Sinne sollten auch stimuliert werden. So kannst du dir Sachen besser und länger merken. Gutes Zeichen: Rollenspiele und Lieder im Unterricht.

4. Du sollst eine Sprachbiografie schreiben (Selbstevaluation)

Eine Sprachbiografie enthält alle deine Erfahrungen mit dem Fremdsprachen lernen: Welche Sprachen du schon gelernt hast, was dir dabei leicht oder schwer fiel, was dir Spaß gemacht hat, was dich motiviert hat. Das hilft dir, über deine Erfahrungen zu reflektieren und deinem Lehrer, den passenden Unterricht zu machen.

Durch den sogenannten Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen kannst du deine Sprachkompetenzen anhand deines Könnens bestimmen. Das hilft dir zum Beispiel bei der Wahl eines passenden Lehrbuches oder Kurses. Moderne Lehrbücher orientieren sich an diesen Kannbestimmungen, die Spracherwerb transparent machen. Wenn du deine Kenntnisse anhand des Sprachportfolio selbst  einschätzen willst, helfen die sechs Stufen für die fünf Sprachfertigkeiten ebenfalls.

5. Gemeinsamkeiten und Unterschiede (Bewusstmachung)

Die Lehrerin oder der Lehrer macht auch einmal einen Vergleich mit deiner Muttersprache oder fragt dich, wie etwas in deiner Muttersprache funktioniert. Das macht dir die Unterschiede zwischen deiner Muttersprache und der Fremdsprache bewusst und hilft dir so beim Erlernen dieser.

6. Sie oder er fragt dich wie du lernst und gibt dir Tipps (Lernerautonomie)

Das Lernen beginnt und endet nicht im Unterricht. Den größten Anteil daran musst du allein absolvieren. Daher sollte die Lehrerin oder der Lehrer dir Tipps geben können, wie du schneller lesen kannst, besser Wörter lernst oder deine Aussprache schulst. Frage sie oder ihn danach.

Welche Erfahrungen hast du beim Lernen von Fremdsprachen gemacht? Was ist guter Unterricht für dich? Was hältst du von Kritik am Lehrer, an der Lehrerin? Wie äußerst du Kritik an deinem Lehrer? Ich bin gespannt auf deine Erfahrungen!

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Kategorien Italienisch lernen

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Stefanie lebt mit italienischer Familie am Lago Maggiore, im Norden des Piemont. Einen Ort entdecken heißt alle Sinne nutzen – sehen, hören, zuhören, berühren, schmecken. Die Sprache sprechen kann Wunder bewirken oder ein Tanz zu lokaler Musik!

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