Fünf Tagestouren in Neapel

Neapel ist die am dichtesten besiedelte Stadt Europas. Ihre 2.500 Jahre alte Geschichte macht sie zu einem einzigartigen Hort aus Kunstschätzen von der Antike bis zur Gegenwart. Ihre Energie und Lebendigkeit rührt aus ihren Gegensätzen: zeitgenössische Kunst im Museum MADRE oder den Metrostationen wie Toledo kontrastiert mit dem traditionellen Leben in den engen Gassen der Altstadt Neapels.

Um Neapel kennenzulernen, solltet ihr am besten drei Tage Zeit einplanen. Es gibt umglaublich viel Einzigartiges zu sehen! Schon allein im Archäologischen Museum oder im Nationalmuseum Capodimonte könntet ihr gut einen ganzen Tag verbringen. (Ein halber Tag geht natürlich auch.) Anhand von fünf Tagestouren möchte ich euch die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Neapels vorstellen.

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Tour 1: Altstadt von Neapel mit Spaccanapoli und Markt

In der Altstadt Neapels folgt ihr Straßenlinien, die die Griechen in ihrem im 6. Jahrhundert v. Chr. gegründeten Neapolis angelegt haben. Die häufigeren, von Norden nach Süden verlaufenden Straßen, cardines genannt, ließen die frische Meeresluft in die Stadt hinein. Von West nach Ost verliefen ursprünglich nur drei Straßen, die decumani, sie verhinderten das Eindringen schlechter Luft aus den nahegelegenen Sümpfen. Der südliche Decumanus wird Spaccanapoli (“Spaltet Neapel”) genannt, hat aber offiziell die Straßennamen Via P. Scura, Via Maddaloni, Via B. Croce, Via S. Biagio dei Librai und Via Vicaria Vecchia. Viele der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Altstadt liegen an der Spaccanapoli oder dem nördlichen Decumanus, der Via dei Tribunali.

Kirche Gesù Nuovo, Neapel

Ihr könnt euren Spaziergang durch die Altstadt morgens auf dem Markt an der Piazza Nolana (südlich des Hauptbahnhofs) beginnen, wo ihr euch mit frischen Snacks versorgt und über die Via Nolana und Via Forcella zur Spaccanapoli lauft, um dieser dann mit Abstechern zur Via dei Tribunali in westlicher Richtung zu folgen.

Im Dom von San Gennaro (Duomo di San Gennaro), einer gotischen und mehrfach restaurierten Kirche an der Via Duomo, wird im rechten Seitenschiff die Reliquie mit dem Blut des wichtigsten Stadtpatron Neapels San Gennaro aufbewahrt. Durch das Gebet der Gläubigen soll es sich als zweimal jährlich stattfindendes Blutwunder verflüssigen. Die dem Dom angegliederte Basilica Santa Restituta ist die älteste Kirche Neapels. Im Kuppelraum ihres Baptisteriums sind frühchristliche Mosaiken (4. Jh.) und ein antikes Taufbecken erhalten.

Gleich dahinter, im Palazzo Donnaregina, hat das MADRE Museum für zeitgenössische Kunst seinen Sitz (apropos Gegensätze in Neapel!). In seiner permanenten Ausstellung setzen sich Künstler Anish Kapoor, Rebecca Horn, Francesco Clemente und Jeff Koons und andere in ihren Installationen mit Neapel auseinander. Von der Dachterrasse habt ihr einen tollen Blick auf die Altstadt. (Mehr über das MADRE im Interview mit seinem Leiter, Andrea Viliani)

An der Via dei Tribunali Ecke Piazza San Gaetano (den Dom im Rücken) liegt die Kirche San Lorenzo Maggiore, Neapels schönste gotische Kirche. Unter der Kirche befindet sich der archäologische Komplex der Ausgrabung San Lorenzo Maggiore des griechisch-römischen Marktes von Neapolis.

Gegenüber der Piazza San Gaetano an der Via dei Tribunali versteckt sich in einem Torbogen der Eingang zu Napoli Sotterranea. Über eine Treppe, die tief unter die Erde führt, gelangt man zu den griechisch-römischen Aquädukten für die städtische Wasserversorgung. (Führungen auch in Englisch, Dauer 2 Stunden, www.napolisotterranea.org)

In der Grabkapelle der Familie Sansevero Cappella Sansevero (Calata San Severo Ecke Via F. de Sanctis, Eintritt 8 Euro) könnt ihr einige erstaunliche Kunstwerke bewundern. Das schönste ist die Statue Verschleierter Christus Cristo velato des neapolitanischen Künstlers Giuseppe Sammartino.

Cappella Sansevero Neapel

An der Spaccanapoli (sie heißt hier Via B. Croce) steht die gotische Kirche Santa Chiara aus dem 14. Jahrhundert. Darin befinden sich die kostbaren Sarkophage der Mitglieder der Familie Anjou, die in Neapel im 13. Jahrhundert herrschte. Von der Seitenstraße Via Santa Chiara betritt man den Kreuzgang, dessen Säulen und Mauern mit schönen Majoliken, spätbarocken Miniaturen aus Jagdszenen, Landschaften, Spielen und Tanzszenen, verziert sind.

Highlights: Cappella Sansevero, San Lorenzo Maggiore, Napoli sotterannea, Santa Chiara, MADRE

Tour 2: Burgen und Seepromenade mit Borgo Marinaro

Vom Meer aus gesehen prägen sie das Bild Neapels: die Burgen und Festungen vergangener Herrscher. Drei davon lassen sich gut an einem Tag besichtigen, da sie nah beieinander liegen: Castel Nuovo, Castel dell’Ovo und Palazzo Reale.

Neapel vom Golf gesehen

An der Piazza Municipio befindet sich das Castel Nuovo, auch Maschio Angioino genannt. Die Burg aus dem 13. Jahrhundert und Wahrzeichen Neapels wurde von Karl I. erbaut, der neben Sizilien auch im Piemont, in der Toskana und der Provence herrschte und deshalb seine Hauptstadt von Palermo nach Neapel verlegt hatte. Seine Burg wurde zum Treffpunkt von Intellektuellen und Künstlern seiner Zeit. Darunter war auch das italienische Malgenie Giotto di Bondone, der Wegbereiter realistischer Malerei. Giotto dankte seinem königlichen Gastgeber mit der Erstellung zahlreicher Fresken in der Burg. Das Castel Nuovo ist heute ein Ausstellungsort.

An der Piazza Plebiscito steht der Königspalast Palazzo Reale, der im 18. und 19. Jahrhundert während der spanischen Herrschaft in Neapel Sitz der Bourbonenkönige war. Zu besichtigen sind die prächtigen Gemächer im Palastmuseum Museo del Palazzo Reale mit barocken und neoklassizistischen Möbeln, Porzellan und Teppichen, Gemälden und Statuen. Die Krippenszenen in der Königlichen Kapelle wurden von den besten Neapolitanischen Künstlern geschaffen. Genießt vom Schlossgarten aus (Eintritt frei) den tollen Ausblick auf die Bucht von Neapel. Der Königspalast ist auch Sitz der Nationalbibliothek (Biblioteca Nazionale), in der ihr mehr als 2.000 Papyri aus Herculaneum sowie Fragmente der koptischen Bibel aus dem 5. Jahrhundert ansehen könnt.

Als Musikliebhaber und Opernfans verpasst das Teatro San Carlo direkt neben dem Palazzo Reale nicht, denn es ist eines der schönsten Opernhäuser Italiens. Nach einem Brand wurde es 1816 in neoklassizistischem Stil wiederhergestellt.

Die Piazza Plebiscito ist einer der beeindruckendsten Plätze Neapels: geprägt wird er von Pietro Banchinis Chiesa di San Franscesco di Paola, einer neoklassischen Anlehnung an Roms Pantheon. Der Entwurf der den Platz prägenden Kolonnaden stammt von Joachim Murat, Schwager Napoleons und Herrscher von Neapel.

Die älteste Festung Neapels erhielt ihren Namen Castel dell‘Ovo Eierfestung von einer Legende um den römischen Dichter Vergil. Dieser verbarg ein Ei im Fundament der Burg, das solange es heil war, die Sicherheit der Stadt garantieren würde. Neben der wunderbaren Aussicht auf die Bucht von Neapel bietet die Festung regelmäßig Kunstausstellungen (Eintritt frei). An der Seepromenade der kleinen Halbinsel liegt der Fischerort Borgo Marinaro mit zahlreichen Restaurants und Cafés.

Highlights: Castel Nuovo, Palazzo Reale, Castel dell‘Ovo

Tour 3: Capodimonte, Katakomben San Gennaro, Fontanelle Friedhof

Der Königspalast auf dem Capodimonte-Hügel aus dem 18. Jahrhundert war zuerst nur als Jagdschloss für den Bourbonenkönig Karl VII geplant, geriet jedoch immer größer. Während der französischen Herrschaft residierten hier Joseph Bonaparte und Joachim Murat. Heute ist er Sitz der umfangreichen Gemäldegalerie des Nationalmuseums Capodimonte und der berühmten Porzellanmanufaktur. Freut euch auf Höhepunkte wie Gemälde von Simone Martini, Caravaggio, Tizian, Carracchi, Masaccio und Breughel. Auf der dritten Etage wird die Sammlung mit Kunst aus dem 20. Jahrhundert wie Andy Warhols Darstellung des Vesuv komplettiert. Im Kabinett der Zeichnungen befinden sich sehenswerte Skizzen von Raphael und Michelangelo.

Museum Capodimonte

An der Kirche Madre di Buon Consiglio unweit des Tondo di Capodimonte befindet sich der Eingang zu Neapels beeindruckendstem unterirdischen Friedhof aus frühchristlicher Zeit: den Katakomben von San Gennaro (www.catacombedinapoli.it, mit Führung). Die Führungen werden von Studenten aus dem Viertel Sanità durchgeführt, die sich im Verein La Paranza zusammengeschlossen haben, um die Katakomben zu erhalten und über sie zu erzählen.

Katakomben San Gennaro Neapel

Der makabre Fontanelle Friedhof nicht weit von den Katakomben von San Gennaro erinnert an die Verschmelzung des Profanen und des Heiligen in der neapolitanischen Kultur. Die Neapolitaner adoptieren einst einzelne der dort befindlichen acht Millionen Gebeine und beteten für das Seelenheil der Verstorbenen. (http://cimiterofontanelle.com/de/, Eintritt kostenlos, Führung empfohlen)

Unbedingt sehenswert ist das Archäologische Museum von Neapel (Piazza Museo Nazionale, Metro Museo oder Cavour). Dort befinden sich viele der Mosaiken aus Pompeji und Herculaneum wie Die Schlacht Alexander des Großen gegen Darius, die lebendig erscheinenden Straßenmusikanten oder die Darstellung Fauna am Nil. Aus der Farnese-Sammlung zeigt das Museum berühmte Skulpturen wie den Toro Farnese (Farnesischer Stier), die größte aus der Antike erhaltene Statue. Im Untergeschoss befindet sich die Ägyptische Sammlung der Borgia, im Erdgeschoss griechische und römische Statuen der Farnese Sammlung. Die Geheime Kammer mit antiken Erotica finden ihr auf derselben Etage wie die Mosaiken.

Appollo als Bogenschütze

Highlights: Museo di Capodimonte, Katakomben von San Gennaro, Museo Archeologico

Tour 4: Quartieri Spagnoli und Vomero-Hügel

In den Spanischen Vierteln von Neapel Quartieri Spagnoli zwischen Via Toledo und Funicolare Montesanto direkt am Vomero-Hügel bekommt man einen Eindruck vom zuweilen engen Leben in Neapel. Die Häuser hier wurden aufgestockt, in den Wohnungen Zimmer hinzugefügt, um mehr Menschen Unterkunft zu bieten. In den Erdgeschosswohnungen bassi scheinen die Menschen quasi auf der Straße zu wohnen. (Lese-Tipp Quartieri Spagnoli ETH Basel-Projekt)

Mit dem Funicolare Montesanto gelangt ihr auf das Vomero-Plateau mit seiner sternförmigen Burg Castel Sant’Elmo und dem Kartäuserkloster San Martino Certosa di San Martino.

Die Burg Sant’Elmo wurde im 14. Jahrhundert anstelle der ursprünglichen Kirche errichtet. Das einstige Militärgefängnis ist heute Museum für neapolitanische Kunst des 20. Jahrhunderts. Die Certosa di San Martino beherbergt Neapels Stadtmuseum mit einer eindrücklichen Krippensammlung. Auf der eleganten Hauptstraße Via Toledo findet ihr zahlreiche Geschäfte zum Beispiel für Lederwaren, gut für einen Einkaufsbummel.

Highlights: Certosa di San Martino, Castel Sant’Elmo

Tour 5: Pozzuoli mit Campi Flegrei

Westlich des Posillipo-Hügels und nördlich des Ortes Pozzuoli liegen die Phlegräischen Felder Campri flegrei, übersetzt Brennende Felder. Für die Griechen befand sich hier der Eingang zur Hölle, für die Vulkanforscher sind die Campi Flegrei das größte vulkanisch aktive Gebiet Europas. Es erstreckt sich über 150 Quadratkilometer vom Stadtrand Neapels bis zur Insel Ischia. Neben dampfenden, stinkenden Kratern wie Solfatara (Metro Pozzuoli) finden sich hier lohnenswerte archäologische Ausgrabungen aus der griechisch-römischen Antike. Die Römer nutzen das Gebiet als natürliche Sauna. Vor eurem Rundgang in den Campi Flegrei versorgt euch in der Touristeninformation mit einer Karte des Gebiets. Dort könnt ihr auch eure Fragen loswerden oder nach Tipps fragen. Sehenswert ist das Amphitheater Flavium (Metro Pozzuoli), eine Arena für 20.000 Zuschauer aus der Zeit Neros, das drittgrößte Amphitheater Italiens. Der archäologische Park Baia Parco Archeologico di Baia (Zug bis Fusaro oder Bus bis Baia, dann Fußweg, Tickets im Archäologischen Museum der Campi Flegrei, Bus bis Baia, in der Nähe) mit Ruinen eines römischen Palastes und Spa aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. und schönen Mosaiken lohnt euren Besuch.

Im Hafenort Pozzuoli soll Paulus an Land gegangen sein und der Stadtpatron Neapels San Gennaro wurde hier enthauptet.

Highlights: Amphitheater Flavium, Archäologischer Park Baia (Tickets im Archäologischen Museum Baia, Solfatara Krater

Souvenirs, Souvenirs

Wer durch die Altstadt streift, kann in der Straße San Gregorio Armeno die für Neapel typischen Krippenszenen mit Krippenfiguren erstehen. Im Nationalmuseum Capodimonte könnt ihr Porzellan aus der dortigen Manufaktur erwerben. Neapel ist für seine traditionelle Musik berühmt: Neapolitanische traditionelle Musik wie die der Compagnia di Canto Populare findet ihr in gut sortierten Musikläden. Mit ein bisschen Glück trefft ihr auf der Spaccanapoli auf eine Gruppe Straßenmusikanten, bei denen die Menschen begeistert einstimmen und mitklatschen und ersteht eine Musik-CD direkt bei ihnen. Mir so geschehen mit Ars Nova Napoli.

Ars Nova, Neapel

Wer keine Flasche Zitronenlikör Limoncello mehr im Gepäck unter bekommt, probiert das Rezept zu Hause aus.

Stilbewusste Besucher Neapels wissen um die solide Tradition des Schneiderhandwerks in der Stadt. Im eleganten Chiaia oder in Mergellina gibt es neben Prêt-a-porter immer auch die Möglichkeit eines geschneiderten Hemdes für die perfekte Passform oder einer edlen Krawatte (Cilento, Finamore, Mariano Rubinacci, Anna Matuozzo, Marinella).

Tipps

  • Ab einem Aufenthalt von 3 Tagen lohnt sich die artecard.
  • Die roten Doppeldecker-Busse von City-Sightseeing bieten Hop-on-hop-off-Touren in Neapel an. (ab 5,50 Euro)

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Kategorien Kampanien Städtereise

über

Stefanie lebt mit italienischer Familie am Lago Maggiore, im Norden des Piemont. Einen Ort entdecken heißt alle Sinne nutzen – sehen, hören, zuhören, berühren, schmecken. Die Sprache sprechen kann Wunder bewirken oder ein Tanz zu lokaler Musik!

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