Candoglia – Marmor für den Mailänder Dom

Der Mailänder Dom ist die drittgrößte Kirche der Welt und eine der schönsten Kathedralen Italiens. Seine reich verzierte neugotische Fassade fesselt den Blick. Der rosa-grau durchsetzte Marmor stammt aus der Marmormine in Candoglia im Ossolatal unweit vom Lago Maggiore. Er erreichte die Mailänder Domwerkstätten auf dem Wasserweg über Fluss, See und Navigli, Mailands mittelalterliches Kanalsystem. Ich habe die Marmormine „Cava Madre del Duomo di Milano Candoglia“, die zum Gelände des Nationalparks Val Grande gehört, und die Domwerkstatt in Candoglia besucht.

Monumento Rosa und Mine im Hintergrund
Monumento Rosa und Mine im Hintergrund

“Welches Wunder er ist! So großartig, so ernst, so riesengroß! Und noch so fein, so luftig, so anmutig! Eine Welt des festen Gewichts, und doch scheint das … eine Wahnvorstellung einer Eisskulptur, die mit einem Atemzug verschwinden könnte!” Mark Twain über den Mailänder Dom („The Innocents Abroad“, 1869)

Von der Erbauung des Mailänder Doms

Als der Dom im Jahr 1572 von Karl Borromäus geweiht wurde, war seine Fassade längst nicht fertiggestellt. Bereits im 14. Jahrhundert war auf Initiative des Mailänder Stadtherren und späteren Herzogs von Mailand Gian Galeazzo Visconti mit dem Dombau begonnen worden. Nach Legung der Fundamente erfolgte der Bau der Kirchenmauern vom Altarraum (Apsis) aus. Die Errichtung der Fassade sollte ganz am Schluss stehen. Bestimmender Architekturstil des Mailänder Doms ist die Gotik, in Italien eine Ausnahme. Während des Baus erhielten die Bauherren Unterstützung von Leonardo da Vinci, Donato Bramante und Giovanni Antonio Amadeo.

Der allererste Entwurf der Fassade im gotischen Stil vom Beginn des 16. Jahrhunderts wurde zugunsten eines neuen, römischen im Renaissance-Stil Gehaltenen verworfen. Neben vielen anderen Entwürfen zur Fassade gelangte schließlich ein neugotischer Entwurf des lombardischen Architekten und Mailänder Dombaumeisters Carlo Buzzi zur Ausführung. Die Fassade des Mailänder Doms wurde erst 1813 im Auftrag von Napoleon vollendet.

Marmormine in Candoglia

Die feinen und zahlreichen Verzierungen der Fassade stellten besondere Herausforderungen an das Material. Granite waren hierfür nicht geeignet. Marmor erfüllte nicht nur die Anforderungen der Bildhauer, sondern auch die der Bauherren an die zukünftige Pracht ihrer Kathedrale. Die Marmormine in Candoglia bot einen unschlagbaren Vorteil: Über den Fluss Tossa, den Lago Maggiore und die Navigli bestand ein direkter Wasserweg von Candoglia zur Baustelle in Mailand.

Wasserweg Lago Maggiore
Wasserweg Lago Maggiore

Der 1392 mit den „Teutonicis de Ornavaxio“ (den Deutschen von Ornavasso, einem alemannischen Stamm angehörende Siedler, auch Walser genannt) berechtigte die Bauherren des Doms zur zeitlich unbefristeten Nutzung der Marmormine in Candoglia und Ornavasso.

Konzessionslinien Nutzung Marmormine

Marmormine Candoglia

Der Marmor von Candoglia, Rosa Valtoce genannt, ist ein mittelkörniger, schieferiger Kalzit und Ca-Silikatmarmor mit heterogener Färbung in Rosa und grau.

Rosa-grau marmoriert

Marmor als Baumaterial

Der Mailänder Dom und wir haben eine Gemeinsamkeit: So wie sich die Zellen unseres Körpers stetig erneuern, wird die marmorne Hülle des Doms samt Statuen rund alle dreißig Jahre erneuert. Das Karbonatgestein Marmor ist anfällig für Säuren: Die filigranen Verzierungen werden vom sauren Regen und den Schadstoffen in der Luft förmlich aufgefressen.

In der Domwerkstatt

Alt und neu Verzierungen des Mailänder Doms

Von den Kunstwerken der Fassade den Statuen und Statuetten ist dann nicht mehr viel übrig. So gesehen ist Marmor kein idealer Baustoff. Zumal bisher noch kein Verfahren zum Schutz des Marmors erfunden wurde, das der Zerstörung etwas entgegensetzen vermag. Trotzdem: Wer die Pracht der Domstatuen und die grau und rosa durchsetzte Marmorfassade des Doms einmal mit eigenen Augen gesehen hat, würde sie nicht mit etwas Anderem ersetzen wollen.

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Kategorien Kultur Piemont

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Stefanie lebt mit italienischer Familie am Lago Maggiore, im Norden des Piemont. Einen Ort entdecken heißt alle Sinne nutzen – sehen, hören, zuhören, berühren, schmecken. Die Sprache sprechen kann Wunder bewirken oder ein Tanz zu lokaler Musik!

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