Sphinx Ägyptisches Museum Turin

Wochenende in Turin – Museo Egizio, Palazzo Madama und Beppe Grillo

Turin ist meine neue Hauptstadt und entschädigt für Berlin. Dabei hat Turin, was Berlin fehlt oder vielleicht gar nicht braucht: Berge und viel barocke Eleganz. Turin und Berlin haben aber auch eine große Gemeinsamkeit – beides sind Städte in ständigem Wandel. Die daraus gewonnene lebendige Kreativität spürt man schnell. Turin steht nicht nur für Industrie, Fiat und Fußball, sondern auch für Design, Architektur, Kunst und Literatur – und natürlich Schokolade. Mit Eataly hat Turin den ersten Slow Food Supermarkt und führt beeindruckend vor, was bio auf Italienisch heißt.

Mein Plan für das erste Erkundungswochenende in Turin stand schnell fest. Am Morgen: Stadtspaziergang unter Arkaden, Besuch des Ägyptischen Museums (Museo Egizio di Torino), dann relaxen in der Sonne auf der Piazza San Carlo. Ein weltberühmtes Museum für altägyptische Kunst und Kultur – eine weitere Gemeinsamkeit Turins mit Berlin. Mit seinen 6.500 Exponaten ist das Museo Egizio di Torino das größte Museum nach Kairo, welches eigens der altägyptischen Kultur gewidmet ist. Weitere 26.500 Objekte warten im Lager auf ihre Ausstellung mit Erweiterung und Neugestaltung des Museums, die 2013 abgeschlossen sein soll.

Ägyptisches Museum Turin während Renovierung 2013

Zu Beginn, in den überfüllten, altertümlich zusammengestellten ersten Austellungsräumen fühle ich mich erschlagen. Uralte und spärlich beleuchtete Vitrinen mit üppig zusammengewürfelten Objekten einschließlich zweier Mumien, das wirkt weder angemessen noch erleuchtend. Die neu gestalteten Säle mit den Statuen entschädigen mich dann: hohe schwarze Räume, die Wände mit Spiegeln verkleidet, ausgeleuchtet wie Theaterbühnen – so erhalten die Statuen ihren wahren, monumentalen Charakter zurück.

Kolossalstatue Sethos II.

Eines meiner absoluten Highlights sind die recht komplett erhaltenen Grabbeigaben aus dem Grab des Architekten Cha und seiner Frau Merit (ca. 1400 v. u. Z). Die Grabkammer befand sich getrennt vom eigentlichen Grab, so dass sie von Grabräubern unentdeckt blieb und 1906 vollständig ausgegraben wurde. Nie zuvor hatten alte Kleider und Perücken(!) diesen Charme und Zauber. Mein zweites Highlight ist die Statue des Pharao Ramses II., der in Theben regierte. Der Darstellungsstil der Amarna-Zeit porträtiert die Personen auf natürliche Weise, läßt sie menschlich und nahbar erscheinen. Der Amarna-Stilzeigt den militärisch erfolgreichen König Ramses II. in bequemer Kleidung, mit Falten am Hals (auf dem Foto im Schatten) und einem gütigen Lächeln.

Ramses II.

Äußerst zufrieden trete ich mittags hinaus in die Sonne und laufe zur Piazza San Carlo mit dem Reiterstandbild von Herzog Emanuele Filiberto. Alle anderen auf der Piazza hatten das gleiche getan, waren von irgendwoher genau hierhergekommen, um die Sonne zu genießen und einem Seilakrobaten zuzuschauen.

Reiterstandbild in der Mittagspause – Herzog Emanuele Filiberto (1838)

Pallazzo Madama am Nachmittag

Am Nachmittag gehe ich auf der Via Roma nach Norden bis zur Piazza Castello. Dort befindet sich der Palazzo Madama, eine interessanten Mischung aus Zwingburg und barockem Schloss. Auf vier Etagen werden die Sammlungen des Stadtmuseums angenehm übersichtlich präsentiert. Von obersten Stockwerk, welches umfangreiche Keramiksammlungen aus allen Regionen Italiens zeigt, hat man einen wunderbaren Blick auf die Piazza und die Stadt.

Palazzo Madama – Freitreppe von Filippo Juvara

Die Piazza füllt sich langsam mit mehreren tausend Menschen. Dann treten Mitglieder und der Gründer der 5-Sterne-Bewegung Beppe Grillo auf. Es ist Wahlkampf. Ihre Argumentationen vorgetragen mit Verve, Leidenschaft und Eindringlichkeit begleiten meinen Rundgang. Im Museumscafé verfolgen die Besucher gespannt das Geschehen auf der Piazza, regelmäßig unterbrochen vom Applaus der Zuhörer.

Piazza Castello – Movimento 5 stelle Piazza Castello – Beppe Grillo in Turin

Italien zwei Wochen vor den Wahlen im Februar 2013. Tag 2 mit Lingotto, Pinacoteca und Eataly folgt in Kürze. Ein weiteres Wochenende in Turin sowieso.

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Kategorien Piemont Reisen Städtereise

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Stefanie lebt mit italienischer Familie am Lago Maggiore, im Norden des Piemont. Einen Ort entdecken heißt alle Sinne nutzen – sehen, hören, zuhören, berühren, schmecken. Die Sprache sprechen kann Wunder bewirken oder ein Tanz zu lokaler Musik!

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